Unsere Welt verschwindet zunehmend im Computer, im Büro ist nicht mehr viel davon übrig. Vieles, das wir gestern noch anfassten, sehen wir jetzt nur noch durch den Bildschirm: Kataloge, Bankauszüge, Briefe, Aktenordner, Zeitungen, Telefone, Bücher, Rechnungen. Wieviel davon findet sich noch auf Ihrem Schreibtisch, in Ihrem Büro? Der Großteil unserer Arbeit spielt sich beim Wissensarbeiter unserer Zeit ebenso auf dem Bildschirm ab wie die Kommunikation mit Kunden und Kollegen.
Diese Virtualisierung der Welt schafft für uns neue Optionen: Wenn es egal ist, wo mein Bildschirm für Arbeit und Kommunikation steht, dann kann ich ihn ja dort hinstellen, wo es grade am besten
passt. Ohne morgens im Stau oder in der überfüllten S-Bahn zu stehen oder die dreistündige Anfahrt zum Kunden. Virtueller Kontakt und virtuelle Kommunikation sind heute in einer Qualität möglich,
die inzwischen für die meisten Tätigkeiten richtig gut funktioniert. So gut, dass siich unsere gute alte Arbeitswelt gerade dramatisch verändert. Virtuelle Teams, die trotz räumlicher
Trennung intensiv zusammenarbeiten, sind von dieser Welt. Es gibt sie als hochspezialisiertes Entwicklungsteam mit Standorten in drei Kontinenten, als Kollegen von deutschlandweiten Filialen und
als den Nachbarn im Büro nebenan (dem begegnen wir zwar manchmal im Meeting, tauschen uns aber meist per Email aus).
Niemand wird ernsthaft bestreiten, dass die viel höhere Bandbreite der Wahrnehmung bei einer persönlichen Begegnung mehr Nähe und Verständnis erzeugen kann als eine virtuelle Begegnung über den
Bildschirm. Es geht auch nicht darum, die persönliche Begegnung zu ersetzen, sondern zu ergänzen. Der virtuelle Kontakt hat eine neue Qualität und öffnet ganz neue Chancen: Entfernung und
Standort spielen plötzlich keine Rolle mehr. Weit verstreute Spezialisten können sich zusammentun, sie können ohne langen Vorlauf loslegen. Mit einem gemeinsamen Fundus von Informationen und
Werkzeugen können sie sich Austausch und zusammen arbeiten.
Entgegen der landläufigen Meinung spielt die Technik für die Qualität einer virtuellen Begegnung zwar eine Rolle, aber nicht die entscheidende. Entscheidend für das Verstehen und das Miteinander
im virtuellen Team sind der geeignete Rahmen und gemeinsame Umgang damit. Ein solches Team ist gut beraten, sich ein Umfeld zu schaffen, in dem es sich wohl fühlt und in dem es gemeinsam
produktiv arbeiten kann.
Es sind wiederkehrende Fragen, die im Team eine Antwort suchen: Wo finde ich das denn? Wer hat diese Änderungen gemacht? Hat das der Kunde schon bekommen? Ist das die aktuellste Version? Habt ihr
das inzwischen erledigt? Was ist gestern gelaufen? Email alleine wird's nicht richten. Denn die ständigen Mail-Nachfragen und hin und her geschickten Anhänge führen genau zu den überquellenden
Mail-Eingängen, über die wir uns alle beklagen. Email ist nicht böse, sondern ausgesprochen nützlich. Allerdings gibt es sehr viele Dinge, die man besser mit anderen Werkzeugen erledigt, die
schon seit langer Zeit erfunden sind. Programmierer arbeiten seit langem mit weit fortgeschritteneren Tools und stimmen so ihre Aufgaben und Reihenfolge ab, sie verwalten damit ihre gemeinsame
Arbeit in einheitlicher Form und machen sie nachverfolgbar. Die Vorstellung, dass die Entwickler eines Teams sich ihren geänderten und neuen Programmcode gegenseitig per Email schicken, ist so
absurd, dass sie schon bei dem Gedanken in schallendes Gelächter ausbrechen würden. Wir Büromenschen machen genau das, aber niemand lacht.
Die Klagen zur allgemeinen Überforderung im Arbeitsalltag durch pausenlos hereinprasselnde Emails lassen wir nicht gelten. im Gegenteil. Die unselige Emailflut ist vor allem ein Ausdruck unserer Misswirtschaft. Viel zu oft nutzen wir die falschen Instrumente, Email zum Beispiel, und dann meistens auch noch falsch. Wir sind selber dran schuld, wenn wir einen Gruppentermin via Email vereinbaren oder den Terminplan als Kalkulationsblatt rumschickt. Ein eigentlich simpler Vorgang im Fünfer-Team kann sich dann schnell mal zu einem Mailaufkommen von 200 Mitteilungen auswachsen. Ganz von den Mißverständnissen und Informationslücken zu schweigen, die au fdem Postweg entstehen und mit vielen weiteren Mails geklärt und korrigiert sein wollen.
Es geht uns wie dem Handwerker, der als einziges Werkzeug den Hammer besitzt - er sieht in jeder Aufgabe einen Nagel. Die Email ist unbestritten unser vielseitigstes und mächtigstes Werkzeug im Büro - gerade das macht sie so gefährlich.
Es gibt Alternativen dazu. Einfache Tools für den Datenaustausch und für Umfragen. Systeme für Aufgabenverwaltung, für Arbeitsabläufe, für Dokumentation, für Diskussion, für gemeinsames Arbeiten. Sie alle zeigen jederzeit allen Beteiligten, was genau der aktuelle Stand ist. Gerade wer der unseligen Mailflut entkommen will, sollte auf neue Werkzeuge für die Zusammenarbeit setzen. Einfach um in Ruhe miteinander arbeiten zu können.
Mag bis vor kurzem noch der Aufwand die Einführung solcher Teamsystem zurecht verhindert haben, so ist auch diese Hemmschwelle aus dem Weg geräumt. Denn die Internet-Cloud bietet eine Vielzahl brauchbarer Sytem schlüsselfertig zum Begutachten, Ausprobieren und schließlich zum persönlichen Einsatz. Auf diese Weise stehen Möglichkeiten im Nu auch kleinen Organisationen bereit, die ehedem nur für Konzerne zu stemmen waren.
Die Problematik liegt heute vor allem in der Qual der Wahl. So viele Systeme buhlen mit interessanten Konzepten um Kundschaft, dass man eine zu hastige Wahl zu einem unkoordinierten Wildwuchs der Systeme führt. Der Versuchung der guten Ideen und der guten Technik darf man nicht vorschnell erliegen. Wer die Chancen der neuen Technik ausschöpfen will, wird mit Geduld und Augenmaß die Systeme für seine spezifischen Bedürfnisse auswählen und alle Beteiligten darauf einstimmen.